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Persönlichkeit und Erziehung

 1) Status Quo
 2) Persönlichkeit: Wie ein Rad im Getriebe
 3) Ausbesserungs- und Reparaturversuche
 4) Das Defizit als Normalität
 5) Erziehung: geförderte Gleichförmigkeit

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Status Quo

Persönlichkeitsentwicklung wird in aller Regel erst relativ spät im Laufe des Lebens eines Menschen zu einem Thema. Bis dahin sind die meisten Menschen der Überzeugung, die Entwicklung der Persönlichkeit sei mit dem Ende ihrer Jugend weitgehend abgeschlossen und sei die weitere charakterliche Prägung allenfalls eine Frage der Lebensumstände.

Diese noch immer allgemein vorherrschende Auffassung wird dadurch unterstützt und zur Normalität, dass weder die institutionellen Strukturen (KiTa, Kindergärten, Schulen) noch die alltägliche Lebensgestaltung auf Persönlichkeitsentwicklung ausgerichtet sind. Vielmehr dagegen wird diese Thematik als reine Privatangelegenheit und Möglichkeit der Freizeitbeschäftigung betrachtet.

Bei einer solch vorherrschenden Normalität gilt Persönlichkeitsentwicklung dem entsprechend als „nicht-normal”. Als sei das Ganze nur Menschen vorbehalten, die „seelische bzw. psychische Probleme” hätten und/oder die sich „auf einem Esoterik-Trip” befänden. Quasi: „Wer normal ist, der braucht 'so etwas' nicht”.

In der elterlichen Erziehung (auch: „Pädagogik”, Schule, etc) wiederum steht vielmehr die „Sozialisation” des Kindes im Vordergrund. Also: dem Kind u.a. Fertigkeiten, Fähigkeiten, Regeln und Verhaltensweisen zu lehren, die an gesellschaftlich-kulturellen Konventionen von „richtig” und „falsch” ausgerichtet sind - was u.a. als „Bildung” betrachtet wird und in diesem Bildungsverständnis ein Teil dieser Konventionen ist.

Bei dieser Prioritätensetzung, die letztlich den Abbruch der Selbstentwicklung eines Kindes darstellt, spielt dessen freie Persönlichkeitsentwicklung (absichtlich) allenfalls lediglich eine Nebenrolle; wenn überhaupt - und wird somit eben nur kaum bis gar nicht als eine Form von „Bildung” betrachtet. Ein Defizit, aus dem nicht nur persönliche Probleme im späteren Leben resultieren, sondern auch zahlreiche gesamtgesellschaftliche.


Persönlichkeit: wie ein Rad im Getriebe

Es wird heute noch immer suggeriert, das Selbstverständnis eines Menschen würde sich in erster Linie aus dem ergeben, was er im „eigentlichen Leben” erreicht, nämlich im vorgegebenen Rahmen der ökonomischen „8-8-8-Regelung”, für sich selbst und andere erkennbar an seinem Bildungsgrad, an seiner Arbeit und beruflichen Position (z.B. „Ich bin Steuerberater”), sowie an seinem Konsum; also: an dem, was er „sich leisten” oder eben nicht leisten kann.

Ein Selbstverständnis, das mitsamt dem vorgegebenem Rahmen auch die dadurch vorgegebenen Ideale („Meine Frau, mein Auto, mein Haus”, etc, etc) und Maßstäbe (Zielstrebigkeit, Konsequenz, Durchsetzungsstärke, etc, etc) zur Orientierung dafür verwendet, was nun ein „gutes” und „schlechtes” Leben ist, was dafür geleistet und erreicht werden muss, und woran es - scheinbar - hapert.

Ziemlich gut versteckt liegt darin das durchgehende Zweckdenken verborgen, in dem die persönliche „Ist”-Situation mit einem angestrebten „Soll”-Zustand - nicht gerade selten auch „Ideal-Zustand” - abgeglichen wird. Wobei das größte Problem noch nicht einmal in einer ständigen Unzufriedenheit besteht, weil es in aller Regel immer etwas gibt, das „noch besser” und „noch schöner” wäre.
Sondern deutlich nachhaltiger wirkt (u.v.a.), dass man hierdurch kaum noch etwas „einfach so” tut, womöglich sogar „einfach nur aus Freude, Lust und Laune” und weil einem „gerade danach ist”, sondern permanent „...um”, nämlich: um irgendetwas zu erledigen, zu erreichen, also: zu bezwecken.
So wird heute nicht mehr nur gegessen, was einem schmeckt, sondern gleichzeitig, um „gesund zu leben”; es wird nicht mehr nur mit Kindern gespielt, sondern auch gleichzeitig, um „etwas für deren Bildung zu tun”; es wird noch nicht einmal mehr nur simpel eingekauft, sondern man kauft, um „zu sparen”.

Ziemlich unauffällig steht das Leben so unter dem ständigen Rechtfertigungszwang, für alles einen „guten Grund” haben zu müssen, der das eigene Denken und Handeln gegebenenfalls für andere plausibel und „vernünftig” macht: alles wird einem Zweck und Nutzen (auch „Ziel” genannt) untergeordnet; und das selbst in Fällen, wo etwas „für einen guten Zweck” getan wird und es um eine „Gemeinnützigkeit” geht.

„Das westliche System macht krank. Stark und siegreich
in einer Wettbewerbsgesellschaft sein zu müssen,
ist für viele eine Belastung“
Hans-Joachim Maaz, Psychotherapeut

So resultiert aus diesem Ganzen insgesamt das bedrückende Gefühl, nur „ein kleines Rad in einem großen Getriebe” zu sein, selbst nur auf seine Funktion (als Arbeiter, als Konsument, als Wähler, als Lebenspartner, etc, etc), auf seinen Zweck und Nutzen für andere reduziert zu sein; das dazu noch unter ständigem Rechtfertigungszwang, gemessen, beurteilt und bewertet nach Maßstäben, die andere setzen.

Damit zurecht zu kommen und das Ganze idealerweise mit seinem Selbstverständnis unter einen Hut bringen zu können, gilt als persönliche „Stärke” und Erfolgsfaktor, wer damit weniger oder gar nicht zurecht kommt, gilt als „schwach”: die Kriterien, die in einer „Leistungsgesellschaft” die „Leistungsträger” ausmachen.

Was in dieser üblichen Auffassung mit der totalen Fixierung auf das Zweckdenken (u.a.: Zielerreichungen) jedoch völlig ausgeblendet wird, sind Relevanz, Bedeutung und Sinn. Sowohl die Relevanz, die Bedeutung und der Sinn dessen, was man tut und warum man es tut, wie (dadurch) auch die Bedeutung und der Sinn der eigenen Existenz, des eigenen Lebens.


Ausbesserungs- und Reparaturversuche

Erkennt ein Mensch die Notwendigkeit und/oder den Sinn, sich der Entwicklung seiner Persönlichkeit zu widmen, wird auch das gewöhnlicherweise mit der Denkweise der vorherrschenden „Alten Kompetenz” unternommen, also mit einem mechanistisch-technologisch geprägten Denken; auf Basis des Zweckdenkens.

So wird die Analytik angewendet (also: „das Zerlegen von etwas Ganzem in dessen Einzelteile”, eben wie man auf der Suche nach der Ursache einer Fehlfunktion eine Maschine zerlegt), um z.B. persönlichen Schwächen und Potenzialen auf die Spur zu kommen, als würde sich irgendwo „innerhalb der Persönlichkeit”, „in (s)einem Selbst” die Ursache dafür, ein „Knopf” zum ein- bzw. abschalten auffinden lassen.

„Es wird in der Regel ziemlich naiv versucht,
den Geist mit den Mitteln der Ratio
und Vernunft zu formen“
Herbert Pietschmann, Physiker

Im weiteren wird dann versucht, mittels des „Ursache->Wirkung”-Denkens (also mit einer Denkweise, die auf Newtons physikalischen Gesetzen der Mechanik(!) basiert) von der „Ist”- zur angestrebten „Soll”-Persönlichkeit zu kommen („Ist->Soll”) - als würde sich dadurch ein bestimmter „Erfolgsweg” (rational) festlegen lassen, der aus einzelnen „Schritten” oder auch „Stufen” besteht.

Wobei dieses Fehldenken schon mit der Zielsetzung („Soll”) beginnt, die üblicherweise als unverzichtbar erklärt wird - vor allem, um eine Beurteilung zu ermöglichen, ob die Persönlichkeitsentwicklung nun „erfolgreich” verlaufen ist oder nicht; als würde sich die persönliche Weiterentwicklung an rational gesetzte Vorgaben halten und hätte mit dem Erreichen eines willkürlich gesetzten Zieles ein erfolgreiches Ende.

Erst und nur dieses vorherrschende mechanistisch-technologisch geprägte Denken der „Alten Kompetenz” macht es überhaupt möglich, dass tatsächlich gemeint wird, Persönlichkeitsentwicklung sei mittels einer Methode und Technik(!) möglich, die auf schön übersichtliche und planbare Weise (eben: „schritt”- bzw. „stufenweise”) das Erreichen irgendwelcher Ziele und Zwecke ermöglichen würde.

Und es ist dieses noch immer vorherrschende mechanistisch-technologische Denken der „Alten Kompetenz” aus dem die Überzeugung resultiert, (u.a.) die Persönlichkeit eines Menschen sei etwas, was sich hauptsächlich im Gehirn abspielen und/oder „in den Genen” herumliegen würde. So glaubt man auch hier, dass die Wissenschaften, die Neuro-, Gehirn- und Genforschung aus Gehirnfunktionen und DNS-„Bauplänen” mehr (und vor allem: korrektere) Erkenntnisse ermöglichen, als es jedem Menschen durch eigene, persönliche „Selbst(!)erkenntnis” möglich wäre.


Das Defizit als Normalität

Dadurch, dass heute noch immer gemeint wird, die Persönlichkeit eines Menschen sei etwas, das sich ohnehin irgendwie „von selbst entwickelt”, dass man also selbst nicht sonderlich darauf achten, geschweige denn daran arbeiten müsse, wird das Ganze üblicherweise in die Schublade der Spiritualität, Esoterik und Philosophie gelegt.

Und damit: irgendwohin, wo es mit dem „eigentlichen Leben” und den Erfordernissen des Alltags nichts zu tun hätte. Das Dumme daran ist, dass auch qualitative Werte wie etwa Loyalität, Verantwortungsbewusstsein, Empathie und Hilfsbereitschaft (etc, etc), die eine Persönlichkeit ausmachen, somit quasi dem Zufall überlassen bleiben, ob ein Mensch sie im Laufe seines Lebens entwickelt oder nicht.
Und das - wohlgemerkt - ganz im Gegensatz zu z.B. Vokabeln und mathematischen Formeln, die dem gegenüber als „Bildung” höchsten Stellenwert genießen, und ganz im Gegensatz zu Idealen wie Zielstrebigkeit, Konsequenz und Durchsetzungsstärke, die als unverzichtbare Kriterien für den (Lebens-) Erfolg gelten.

Daraus resultiert letztlich ein gesamtgesellschaftliches Problem, wenn beispielsweise solche Werte wie ehrenamtliches Engagement oder Zivilcourage als außergewöhnliche Phänomene gelten, sodass einzelne Menschen hierfür besonders gefeiert und/oder ausgezeichnet werden - wobei eher nachdenklich stimmen sollte, dass es sich hier nicht um Selbstverständlichkeiten eines gemeinschaftlichen Miteinander handelt.

Weitere (ebenfalls immer auch gesamtgesellschaftliche) Folgen bestehen darin, wenn die Masse der Menschen niemals darauf vorbereitet wurde, wie man mit persönlichen (Lebens-)Krisen umgehen sollte (oder zumindest: könnte), mit Trauer, mit Wut, mit menschlichen Enttäuschungen, etc, etc, ohne die Zuversicht oder gar komplett den Lebensmut zu verlieren.
Folgen, die Menschen in Depression und Süchte aller Art, einige gar zum Selbstmord treiben. Folgen, die u.a. aus dem „ganz normalen” eklatanten Defizit resultieren, dass der Persönlichkeitsentwicklung allenfalls eine Nebenrolle zugeschrieben wird
.


Erziehung: geförderte Gleichförmigkeit

Was für die Persönlichkeitsentwicklung im Erwachsenenalter gilt, gilt erst recht für die Kinder und für das, was ihnen durch Elternhaus, Schule, Medien und ihr „soziales Umfeld” an Prioritäten inzwischen und noch immer vermittelt wird: die Entwicklung ihrer Persönlichkeit spielt allenfalls eine untergeordnete Rolle, wenn überhaupt, und wird größtenteils eher als „unerwünschtes Verhalten” betrachtet.

Die übergeordnete Rolle dagegen spielt vielmehr die „Sozialisation” eines Kindes, die u.v.a. daraus besteht, zur Begrüßung brav die Hand (und zwar die rechte Hand und nicht die linke) zu geben, Schuhbänder schnüren zu können und am Tisch nicht zu zappeln. Die freie Entwicklung der Persönlichkeit wird also vielmehr abgebrochen und im weiteren Verlauf unterdrückt, zugunsten der Regeln und Konventionen eines „richtigen” und „falschen” Denkens und Verhaltens.

Man darf davon ausgehen, dass die (ggf.: innerliche) Auflehnung eines Kindes in der Pubertät gegenüber Eltern, Lehrern und auch Institutionen ungefähr so intensiv ist, wie es vorher (im wörtlichen Sinne) gemaßregelt und dadurch dessen eigene Persönlichkeitsentwicklung unterdrückt wurde.

„Den Kindern wird in der Schule heute
nach wie vor Unsinn beigebracht“
Gregory Bateson, Biologe und Anthropologe

In all dem wird den Kindern eine „fertige Welt” präsentiert, in der es für sie selbst nichts mehr zu erforschen und zu entdecken gäbe. Ganz im Gegensatz zu den ersten paar Lebensjahren, in denen Kinder vollständig aus eigenem Antrieb und aus Neugier in einer enormen Rasanz Enormes lernen, wird diese phänomenale Selbstentwicklung heute immer früher abgewürgt...
...zugunsten eines „wissenschaftlich korrekten” Lern- und Bildungsverständnisses, an Normen und Standards ausgerichtet, das dagegen den meisten Kindern schwer(er) fällt, für einige sogar mitunter zur Qual wird, die ihnen das Lernen generell verleidet.

Das dazu noch mit einem völlig überholten Lern- und Bildungsverständnis der „Alten Kompetenz”, basierend auf dem „Sender->Empfänger”-Schema à la Pawlow: als sei Lernen ein „Informationstransport”, der zwischen einem Lehrenden (ggf. auch einem Medium: Buch, Computer, etc) einerseits und eiem Lernendem andererseits stattfinden würde. Ein völliges Fehlverständnis auf dem Stand des 17. Jahrhunderts, basierend auf Newtons physikalischen Gesetzen der Mechanik(!).

„Sobald ein Kind in die Schule kommt,
beginnt ein grausamer, geistiger Verarmungsprozess“
Frederic Vester, Biochemiker, Pionier des vernetzten Denkens

Der heute noch immer - zwangsläufig auch in der Erziehung - vorherrschenden „Alten Kompetenz” entsprechend wird den Kindern genau diese Denkweise gelehrt: als seien (u.v.a.) Analytik, Rationalität, „Wenn->Dann”-Logik und Kalkül die maßgeblichen Kenntnisse, die man erlernen müsse. Dazu gesellt sich spätestens ab der Schulzeit der praktizierte Darwinismus, spätestens sobald der „Rechenkönig” gekürt wird - was zugunsten eines fragwürdigen Motivationsaspektes eher Neid, Missgunst und Gefühle von Überheblichkeit bzw. Minderwertigkeit fördert.

Insgesamt gehört hinterfragt, dass Erziehung - heute mehr denn je - vornehmlich zweckgerichtet verstanden wird und somit ebenso zweckgerichtet praktiziert wird; also um einiges entfernt davon, Kindern eine unbeschwerte Kindheit zu ermöglichen, ihnen auch Streiche und Langeweile zu „gestatten”.
Vielmehr findet Erziehung heute immer früher als Vorbereitung auf den „Ernst des Lebens” statt, was auch noch als „das Beste für das Kind” propagiert und den Eltern erklärt wird. Das ist auch der Grund, warum seit einigen Jahren die Begriffe „Bildung” und „Erziehung” permanent in einem Atemzug genannt werden.

Das Prinzip [ WIRKUNG! ] beinhaltet u.a. auch die Auflösung des allgegenwärtigen Bedrohungsszenarios, in dem heute ein Konfrontations- und Rivalitätsdenken von Angst, Druck, Zwang und des permanenten Kampfes auf allen Seiten herrscht. Das längst überholte Welt- und Menschenbild à la Darwin wird ersetzt durch ein vielmehr zeitgemäßes Welt- und Menschenbild der Kooperation und Toleranz.



Hinweis:
Es ist heute zwar üblich, jedes Thema in eine bestimmte Schublade abzulegen und das auch noch als vorteilhaft („Spezialisierung” / „Expertentum”) zu betrachten, doch genau das ist eine Auffassung nach der „Alten Kompetenz”. Auch falls Sie sich vorwiegend und hauptsächlich für Persönlichkeit und/oder Erziehung interessieren, widmen Sie sich bitte auch den weiteren Wirkungsfeldern, um sich ein umfassenderes Bild der größeren Zusammenhänge machen zu können. Das ist wichtig. Wirklich wichtig
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