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Veränderungsblindheit: War da irgendetwas?



 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
     

„Veränderungsblindheit“... blind für Veränderungen also. Wer würde ohne weiteres zugeben wollen, dass er nicht mitbekommt, wenn sich etwas – noch dazu: direkt vor seinen Augen – verändert? Doch die „Change Blindness“ stellt bislang sicher geglaubtes Wissen in Frage.

Der Mensch verlässt sich in aller Regel auf das, was er mit eigenen Augen sieht. Warum auch nicht? Wenn die Kaffeetasse leer ist, ist sie leer. Sie wird nicht dadurch voller, indem man sich die Kaffeetasse noch etwas genauer ansieht.
Dasselbe meint man auch, wenn es um Veränderungen geht, die sich direkt vor einem abspielen: Springt die Ampel von Grün auf Gelb um, entgeht einem das in der Regel genauso wenig, wie das Aufleuchten der Bremslichter des vorausfahrenden Fahrzeuges.

Vor allem dann, wenn sehr plötzlich irgendetwas in das Blickfeld gerät: wenn vor dem Auto ein Ball auf die Straße springt oder wenn ein Mensch ins Zimmer kommt. Unsere Aufmerksamkeit richtet sich ganz automatisch auf das, was sich im Blickfeld bewegt.

Wenn sogar prägnante Veränderungen unbemerkt bleiben

Der Mensch hat also im Grunde keine Probleme damit, Veränderungen wahrzunehmen. Und gerade weil das so ist, verlässt man sich darauf und möchte kaum für möglich halten, dass es Veränderungen gibt, die man nicht mitbekommt, obwohl sie sich in voller Größe direkt vor den eigenen Auge abspielen.

In Experimenten wurden Menschen auf der Einkaufsstraße in ein Schein-Interview verwickelt. Der jeweilige Mensch wurde während des Gespräches kurz abgelenkt und in diesem Moment der Gesprächspartner ausgetauscht. Das erstaunliche Ergebnis: Die Hälfte der Befragten bemerkte in keiner Weise, dass ihnen nun eine völlig andere Person gegenüber stand, selbst wenn ein dunkelhaariger Mann gegen eine blonde Frau ausgetauscht wurde. Der Effekt der „Veränderungsblindheit“.

Dieser Effekt wird hin und wieder gern bei diversen Gewinnspielen verwendet, wenn zwei Bilder A und B präsentiert werden, die sich in irgendeinem Detail unterscheiden: „Was fehlt in Bild B?“.
Der Trick dabei: Man lässt sich dazu verleiten, ein Bild Quadratzentimeter für Quadratzentimeter zu untersuchen, um entdecken zu können, was darin fehlt. Dabei ist jedoch der Unterschied zwischen den Bildern dermaßen groß und so prägnant, dass er genau deshalb schlicht und einfach nicht wahrgenommen wird.

Natürlich hat sich gleich die Kognitionsforschung auf dieses Phänomen gestürzt. Forscher von der Technischen Universität Dresden gehen dabei davon aus, dass das Gehirn in solchen Fällen das Bild der Umgebung noch nicht einmal im Kurzzeitgedächtnis „abspeichert” und deshalb zwischen Eindruck A und Eindruck B kein Abgleich stattfindet. Also im Gegensatz zu gewohnten Situationen, zu denen bereits eine Art „Vergleichsbild“ im Hinterkopf existiert. Das Gehirn spart sich dadurch Aufwand, Energie und „Speicherplatz“.

Das Sehen ist keine Wahrnehmung, sondern eine Produktion

Der Psychologe und Wahrnehmungsforscher Kevin O’Regan geht dagegen noch einen Schritt weiter und stellt „sogar“ die grundlegende Voraussetzung in Fage, mit der bislang geforscht wird. Nämlich die Annahme, im Gehirn würde ein „abgespeichertes Bild” der Umgebung und der Welt existieren.

Nach der Meinung O’Regans gibt es keinerlei stabiles „Bild“, das wir im Kopf hätten, auch wenn uns die Umgebung als solches erscheint. Lediglich der Glaube daran und die eigene Überzeugung, sich mittels seiner Augen die Welt ansehen zu können, würde genau das erst ermöglichen. Tatsächlich jedoch sei jeder visuelle, optische Eindruck eine blanke Illusion. Demnach ist das Sehen mit den Augen eben nichts, was man ständig und permanent in Form einer sinnlichen Wahrnehmung passiv erleben würde, sondern das Ganze ist vielmehr so etwas wie ein Akt des Erinnerns. Eine Erinnerung jedoch, die durchaus lückenhaft ist.

Anders formuliert: Es ist eben nicht so, dass wir mit unseren Augen irgendein „Bild“ unserer Umgebung und der „Welt da draußen” wahrnehmen würden, wie es ist. Sondern dieses „Bild“, das wir glauben zu sehen und wahrnehmen, ist etwas, was wir… tun. Und wie bei allem, was Menschen tun, passieren dabei Fehler. Wie zum Beispiel im Falle der „Veränderungsblindheit“.

 
 
 
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