Warum
sind erfolgreiche Menschen erfolgreicher als weniger erfolgreiche?
Sport-Psychologen wollten herausfinden, ob das vielleicht
mit der Wahrnehmung zusammenhängen könnte. Das
Ergebnis: wer erfolgreich ist, sieht manches anders als
andere.
Die
beiden US-amerikanischen Sport-Psychologen Jessica Witt
und Dennis Proffitt von der University of Virginia haben
sich dem Erfolgsgeheimnis von Ballsportlern gewidmet. Wie
bei Amerikanern zu erwarten, zunächst im Baseball.
Überraschendes Ergebnis: Baseballspieler mit einer
Erfolgsserie nehmen den Ball sehr viel größer
wahr als andere Spieler.
George
Scott, Profispieler bei den berühmten Boston Red Sox
etwa bestätigt: „Wenn man den Ball gut trifft,
kommt er auf einen zu und sieht aus wie eine Grapefruit.
Wenn nicht, sieht er eher aus wie eine weiße Bohne".
In den weiteren Nachforschungen stellte sich heraus, dass
auch Tennis-, Golf- und Basketballspieler die Größe
der Bälle unterschiedlich wahrnehmen; wobei Alter und
Geschlecht dabei keinerlei Rolle spielen.
Die
Sport-Psychologen sehen dadurch ein bereits bekanntes Phänomen
der „verzerrten Wahrnehmung” bestätigt,
wonach zum Beispiel einem Wanderer ein Ziel weiter entfernt
oder ein Hügel steiler erscheint, je erschöpfter
oder je schwerer er bepackt ist. Im Falle von Ballsportlern
wirke sich eine Pechsträhne daher so aus, dass der
innere Druck, mehr leisten und besser spielen zu müssen,
den Ball in der Wahrnehmung schrumpfen lässt.
Nicht
geklärt bleibt dadurch jedoch, ob die erfolgreichen
Sportler den Ball besser treffen und im Griff haben, weil
sie ihn größer wahrnehmen, oder den Ball –
umgekehrt – größer wahrnehmen, weil sie
erfolgreich sind.
Stolperstein:
die Erfolgsfrage
Genauso
ungeklärt bleibt auch bei dieser Untersuchung von erfolgreichen
Sportlern die Frage, was überhaupt unter „Erfolg”
verstanden wird. Der Punkt ist: wenn Erfolg tatsächlich
mit der Wahrnehmung zusammenhängt, dann betrifft das
natürlich auch solche Menschen, die eher fragwürdige
Ziele anstreben und erreichen.
Da wäre
zum Beispiel das Phänomen der „Orthorexia nervosa”:
das ansonsten als sinnvoll geltende Ziel, sich gesund zu
ernähren, entwickelt sich bei manchen Menschen zur
krankhaften Besessenheit. Die Betroffenen wenden immer mehr
Zeit dafür auf, sich einen speziellen Ernährungsplan
zu erarbeiten, bis davon ihr Alltag nahezu beherrscht wird.
Der Erfolg einer gesunden Ernährung führt über
eine verzerrte Wahrnehmung zu einer psychischen Erkrankung.
Etwa so, wie sich Magersüchtige auch bei extremem Untergewicht
immer noch für „zu dick” halten.
|