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Täuschende Zahlen: Wenn Fakten keine sind.



 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Wer möchte schon ernsthaft widersprechen, wenn „die Zahlen beweisen, dass…“ oder „die Statistik eindeutig belegt, dass…“. Dabei wird nicht selten ignoriert, dass Zahlen immer einer Interpretation bedürfen – doch mit Interpretationen ist das eben so eine Sache. Vor allem sind sie das glatte Gegenteil dessen, was man unter „Beweiskraft” versteht.

Wenn mit Zahlen um sich geworfen wird, in Meetings, in Umfragen, in Statistiken, nicht zuletzt auch in Gutachten aller Art, dann sind weniger tatsächlich die nackten Zahlen entscheidend, sondern sehr viel mehr die Form, in der sie dargestellt werden. Die Art und Weise der Darstellung wiederum führt nicht gerade selten zu Missverständnissen und Fehlurteilen, worauf Professor Gerd Gigerenzer vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin hinweist. Seiner Ansicht nach müssten Zahlen, Daten und Statistiken deutlich besser kommuniziert werden.

„Schuldig“ oder „nicht-schuldig“: Eine Frage der Interpretation

Wenn Zahlen falsch interpretiert und damit auch deren Bedeutung falsch eingeschätzt werden, kann das enorme Folgen haben – für die Gesundheit, bei behördlichen und juristischen Vorgängen, nicht zuletzt auch für den unternehmerischen und persönlichen Erfolg.
Umso schlimmer, wenn nicht nur Laien oftmals überfordert sind, Statistiken „richtig zu lesen“ und Zahlen korrekt zu interpretieren, sondern auch Experten, die sich eigentlich damit auskennen müssten und… sollten.

In einer Testreihe mit 27 Juristen und 127 angehenden Juristen wollte Prof. Gerd Gigerenzer herausfinden, ob die Probanden in der Lage sind, die statistischen Belege einer Straftat richtig einzuschätzen. Dazu wurde der Fall einer Straftat angenommen, zu der eine DNS-Spur („genetischer Fingerabdruck”) als Beweis vorliegt und als Grundlage für einen Schuld- oder Freispruch des Verdächtigen dienen sollte. Die statistische Information wurde dabei einerseits in Form einer „abstrakten Wahrscheinlichkeit“, sowie andererseits als so genannte „natürliche Häufigkeit“ dargestellt und präsentiert.

Eine „abstrakte Wahrscheinlichkeit“ ist dabei zum Beispiel ein Wert von 0,1%, während eine „natürliche Häufigkeit“ beispielsweise in Form eines „zehn von einer Million“ ausgedrückt wird. Wurde beim Testfall die Information als „abstrakte Wahrscheinlichkeit“ und in Prozenten dargestellt, konnten lediglich 13% der Juristen und gerade 1% der angehenden Juristen die Information korrekt deuten.
Wurde die Information jedoch als „natürliche Häufigkeit“ präsentiert, konnten 68% der Juristen und 44% der angehenden Juristen die Information richtig deuten.

Dem entsprechend variierten auch die Schuldsprüche: Wurden die Ergebnisse der imaginären DNS-Auswertung als „natürliche Häufigkeit“ dargestellt, hielten 32% der Juristen und 33% der angehenden Juristen den Verdächtigen für schuldig.
Bei einer Präsentation derselben Information als Prozentwerte dagegen ließen sich 45% der Juristen und 55% der angehenden Juristen zu einem Schuldspruch hinreißen.

Auch Zahlen ermöglichen keine wirkliche Sicherheit

Nach der Meinung von Prof. Gerd Gigerenzer suchen sich viele Jura-Studenten ihr Fach vor allem deshalb aus, weil es weder mit Statistik noch mit Psychologie zu tun hat. Wie am Testfall zu sehen, kann das durchaus unerfreuliche Auswirkungen haben. Für den Psychologen steht fest: „Eine 100%-ige Gewissheit ist eine empirische Unmöglichkeit“.

In seinem Buch „Das Einmaleins der Skepsis – Über den richtigen Umgang mit Zahlen und Risiken“ berichtet Gigerenzer von prekären Fehldeutungen in Medizin und Kriminalistik, von den zugrunde liegenden Denkfehlern und fordert zu einer gesunden Skepsis gegenüber der scheinbaren Aussagekraft und Sicherheit von Zahlen auf.

 
 
 
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