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Auf Schritt und Tritt: Vorsichtshalber verfolgt.



 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Was machen Straftäter und Terroristen eigentlich den ganzen Tag? Sie fahren mit dem Auto, gehen einkaufen, surfen im Internet, telefonieren und gehen ins Fußballstadion. So, wie jeder unbescholtene Bürger auch. Und deshalb wird jeder verfolgt - rein vorsichtshalber. Das Informationszeitalter macht es möglich.

Wer sein Mobiltelefon verliert, kann es mit einem Ortungsservice ruckzuck wiederfinden. Denn ein Mobiltelefon steht eben permanent mit irgendwelchen Sendemasten in Verbindung und kann dadurch problemlos auf 30 bis 50 Meter genau geortet werden. Das ist nicht nur enorm praktisch, um verlorene oder gestohlene Mobiltelefone aufzuspüren, und nicht nur, um den Aufenthaltsort von Söhnchen und Töchterchen zu ermitteln. Sondern: um schlichtweg jeden einzelnen Besitzer eines Mobiltelefons orten zu können.

Mit den Aufzeichnungen von Überwachungskameras, mit bargeldloser Zahlung und dem Benutzen von Geldautomaten, mit den gesammelten Daten von Autobahn-Mautbrücken und Datenspuren im Internet, sowie etlichen weiteren Informationen zusammen, ist der „Gläserne Bürger“ eher noch eine Verharmlosung der Tatsachen.

Seltsame Prioritätensetzung mit fragwürdiger Relevanz

„Ein Verdächtiger gilt so lange als unschuldig, bis seine Schuld bewiesen ist“. Wer sich als unbescholtener Bürger heute noch immer auf dieses Rudiment der juristischen Unschuldsvermutung verlässt, darf sich genauso gut darauf verlassen, dass Elfen und Einhörner ihn überhaupt erst einmal unverdächtig machen.
Denn: In der grotesken Betrachtung, die die Informationstechnologie überhaupt erst ermöglicht, ist inzwischen jeder Bürger per se verdächtig, bestenfalls „zurzeit noch unschuldig“ und „aus Prinzip auf Bewährung“.

Bis er durch irgendetwas auffällt und Aufmerksamkeit erregt, etwa weil er dunkelhaarig ist, in München lebt, letzten Montag einen Flug nach Frankfurt gebucht und bei einem Internetversand ein bestimmtes Buch bestellt hat.
Die Möglichkeiten, Menschen anhand ihrer Datenspuren zu verfolgen, sind vielfältig. Und man darf in Erwägung ziehen: Möglichkeiten, die zur Verfügung stehen, werden auch genutzt.

Zahlungen per Kreditkarte, Abhebungen an Geldautomaten, das Nutzen von Rabatt- und Kundenkarten, die neue „Gesundheitskarte“ mit Daten über (u.a.) Krankheitsverläufe und Rezepte, Bestellungen und Reise- und Hotelbuchungen per Internet, jede einzelne eMail, jedes einzelne Telefongespräch, Kameras an öffentlichen Plätzen und in U-Bahn-Stationen und Verkehrsmitteln inklusive Taxis, Zugangskontrollsysteme in Firmengebäuden, Messehallen und Sportstadien, der neue biometrische Reisepass und der innovative „Augen-Scan“ am Flughafen, das Scannen von Autokennzeichen an Maut-Brücken und bei Radarkontrollen, bis hin zum Barcode auf der eigenen Mülltonne: nur ein paar Beispiele aus dem ganz normalen Alltag, meilenweit entfernt von jedem Gesetzesverstoß.

Sammelwut im großen Stil: Alles in den großen Topf

Die EU ist kurz davor, nach dem Vorbild der USA eine fast vollständige Speicherung von Flugreisedaten einzuführen. Bis zu 19 Datensätze pro Passagier sollen bis zu 13 Jahre lang gespeichert werden. Der Name des Reisenden, Adresse, eMail, Telefonnummer und Geburtsdatum, die Flugroute, die Daten des Reisebüros, die Zahlungsweise, der Zeitpunkt des Eincheckens, Informationen über Mitreisende, der Wunsch nach einem bestimmten Sitzplatz, die Sitzplatznummer, dazu „sicherheitsrelevante“ und Gepäckinformationen, dazu Informationen aus Vielflieger-Bonus-Programmen, sowie bei unter-18-jährigen noch dazu: die Muttersprache und dessen Beziehung zur erwachsenen Begleitperson.

In Bayern, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz werden bei routinemäßigen Verkehrskontrollen Lasergeräte eingesetzt, die sämtliche Autokennzeichen scannen und per Online-Datenabgleich sofort überprüfen. Natürlich rein sicherheitshalber. Zum Beispiel, um gestohlene Fahrzeuge oder solche mit fehlender Haftpflichtversicherung aufzuspüren.
Seit Beginn des Jahres 2008 ist das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung in Kraft, durch dessen Anwendung sämtliche kommunikativen Verbindungsdaten, je versendete eMail und jedes Telefonat 6 Monate lang gespeichert bleiben. Mindestens. Bei Verdacht auch länger. Durch diese europaweite „verdachtsunabhängige Vorratsspeicherung“ kommt eine Datenmenge zusammen, für die nicht weniger als 639.000 CD-ROMs nötig wären. Und zwar: täglich.

Der neu eingeführte Reisepass wiederum, der auf einem Chip gespeicherte personenbezogene, also hochsensible Daten zur Person, über persönliche Merkmale inklusive Reisegewohnheiten, digitalisiertem Bild und digitalem Fingerabdruck enthält, ist angeblich fälschungssicher und muss es auch 10 Jahre lang bleiben, so lange er gültig ist.
Jedoch: Der dafür verwendete „RFID“-Chip wird nicht etwa bei Bedarf per Computer ausgelesen, sondern er sendet die gespeicherten Daten permanent(!) aus. Ein gefundenes Fressen für Menschen mit einem Empfangsgerät und üblen Absichten. Wobei die Verschlüsselungssoftware des Chips bereits kurz nach der Entwicklung von einem niederländischen Labor innerhalb von zwei Stunden geknackt werden konnte.

Unscheinbare Gefahr: Fahrlässige Sorglosigkeit

Selbst wenn alle diese Maßnahmen tatsächlich „rein sicherheitshalber” eingeführt wurden und jede einzelne datenschutz- und verfassungsrechtlich sogar in Ordnung sein möge: Es stellt sich die Frage, was passiert, wenn alle diese Daten von irgendwem zusammengeführt werden. Und das womöglich auch noch wiederum zusammen mit Informationen aus Bankgeschäften, dem Kaufverhalten, Reise- und Lebensgewohnheiten und Arztbesuchen.

Das Dumme daran ist, wenn Menschen das Ganze fahrlässig unterschätzen. Einerseits, weil es sich um schleichende und unsichtbare Entwicklungen handelt, über die nur vereinzelt hin und wieder einmal informiert wird.
Zum anderen, weil Menschen (auch genau deshalb) die Sensibilität ihrer persönlichen Daten und was sich damit alles anstellen lässt, einer scheinbaren Bequemlichkeit und einem vordergründigem Nutzen opfern. Zum Beispiel, indem sie freiwillig jede Menge Informationen bei der Registrierung für Internet-Portale, eMail-Accounts oder auch bei der Verwendung von Rabattkarten preisgeben.
Wer den Wert seiner Daten und Datenspuren so unterschätzt, der darf sich einmal zwischendurch fragen, warum es Staat und Unternehmen einen Milliardenaufwand Wert ist, an personenbezogene Informationen zu gelangen
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